„Ich freue mich darauf, alles gemütlich zu machen.“

Vier Medaillen bei Großereignissen, zwei Weltmeistertitel und 21 Podestplätze im Weltcup: Mit Selina Jörg verabschiedet sich eine der erfolgreichsten deutschen Snowboarderinnen aus dem Leistungssport. Pläne für die Karriere danach hat die 33-Jährige schon gemacht. Und auf die Olympischen Spiele 2022 freut sie sich trotzdem – auch wenn sie selbst nicht am Start stehen wird.

Wann ist die Entscheidung gefallen, Deine Karriere zu beenden?

Selina Jörg: Die Entscheidung reift schon seit Ende vergangener Saison. Irgendwann hat mich das mental sehr beschäftigt, dass ich nicht wusste, wann ich aufhöre. Da habe ich es für mich beschlossen. Und es fühlt sich zu 100 Prozent richtig an.

An der Entscheidung haben auch die Ereignisse bei der WM in Rogla nichts mehr geändert?

Ganz im Gegenteil. Ich wollte immer aufhören, so lange ich ganz vorne mitfahren kann. Aber mit dem Karriereende im Hintergrund waren die Momente auf dem Podium natürlich noch emotionaler.

Was bedeutet es für dich, ausgerechnet am Götschen in Berchtesgaden (20./21. März 2021) deinen letzten Weltcup zu fahren?

Dieses Karriereende ist ein Traum. Mit zwei WM-Medaillen beim Heimweltcup am Götschen abzutreten – besser geht’s nicht. Ich war in Berchtesgaden am Sportinternat und habe auf dem Hang meine ersten Kinderrennen gefahren. Dort schließt sich jetzt der Kreis für mich.

2022 stehen die Olympischen Spiele in China an. War das keine Motivation für dich, noch ein Jahr dranzuhängen?

Eine Olympiasaison ist noch herausfordernder. Die Aufmerksamkeit größer, die Erwartungen – auch meine eigenen – sind noch höher. Dafür ist die Luft raus. Ich würde es mental nicht mehr schaffen, dort in absoluter Topform am Start zu stehen. Und genau das erwarte ich aber von mir.

Deine Olympischen Medaille hast du ja bereits in Pyeongchang 2018 gewonnen…

Die Olympische Silbermedaille war meine erste große Medaille und definitiv was ganz Besonderes. Olympia ist einfach noch größer. Die Siegerehrung auf dem Medals-Plaza gehört zu meinen absoluten Highlights, an die ich mich gerne zurückerinnere.

Für deine Karriere nach der Karriere hast du schon vorgesorgt und neben deiner sportlichen Laufbahn Wirtschaftspsychologie studiert. Wie sehen Deine weiteren beruflichen Pläne aus?

Als Sportsoldatin habe ich noch ein halbes Jahr Restdienstzeit um abzutrainieren. Nebenbau manage ich im Sommer den E-Bike-Verleih im Radl-Shop meines Freundes in Immenstadt. Für die Zeit danach bin ich mit einigen Firmen im Allgäu im Gespräch. Eine Stelle im Personalwesen könnte ich mir gut vorstellen.

…das heißt dein Lebensmittelpunkt bleibt das Allgäu?

Auf jeden Fall. Alle unsere Freunde und Familien wohnen hier. Und das Allgäu ist Sommer wie Winter ein Traum.

Ich freue mich darauf, nach fast 20 Jahren wieder mal einen normalen Winter hier zu verbringen und just for fun auf die Piste zu gehen. Und im Sommer mit meinen Freunden hier zu biken.

Sport spielt also weiterhin eine wichtige Rolle?

Ohne Sport geht es bei mir nicht. Aber dann gibt es kein höher, schneller, weiter mehr: Ich freue mich darauf, alles gemütlich zu machen.

Und wie schaut’s mit Snowboarden aus? Wirst du die Rennen deiner Teamkolleg*innen im Fernsehen mitverfolgen?

Auf jeden Fall. Ich werde der krasseste Stalker überhaupt werden und jede Quali-Zeit analysieren. Schon jetzt freue ich mich darauf, bei den Olympischen Spielen im nächsten Jahr in der Nacht aufzustehen und die Rennen live anzuschauen – aber dann vom Sofa aus.

 

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