„Ich war immer erst Snowboarder, dann Leistungssportler!“

Konstantin Schad ist eines der Aushängeschilder für Snowboardcross in Deutschland. Nach fast zwei Jahrzehnten im Leistungssport beendet der ehemalige Weltcupsieger vom SC Miesbach seine Karriere. Die Gründe: Kinder, Körper – und Corona. Aber leicht ist dem 32-Jährigen der Abschied nicht gefallen. Welche Momente ihm am meisten in Erinnerung bleiben und warum seine Teamkolleg*innen nach dem Rücktritt besser schlafen – erzählt er im Interview.

Lieber Konsti, Du hängst Deine Snowboardboots an den Nagel. Wie ist das Gefühl als Ex-Sportler?

Konstantin Schad: „Das bricht mir das Herz, wenn ich daran denke. Das ist keine Entscheidung, die ich leichtfertig getroffen habe. Aber mit zwei Kindern, Corona und meinem nicht mehr ganz frischen Körper – da hat so vieles eine Rolle gespielt.“

Du sprichst Deinen Körper an. Spürst Du Nachwehen von Verletzungen bzw. war das der Grund für das Karriereende?

„Mir tun schon einige Gelenke und alte Verletzungen weh, sodass man froh ist, wenn man nicht mehr täglich mit 150 Kilo auf dem Rücken Kniebeugen machen muss. Aber den Ausschlag hat letztlich meine Familie gegeben. Wenn man Kinder bekommt – das ist hoch emotional, das verändert dich grundlegend. Für mich war immer klar, dass ich dann nach all den Jahren ,on the road‘ für meine Kinder da sein möchte.“

„Natürlich würde ich auch wahnsinnig gerne snowboarden, aber die Prioritäten verschieben sich eben. Dazu kommt unser neuestes Familienprojekt: die Suche nach einem Haus oder Grundstück im Münchner Süden oder in meiner Heimat Miesbach. Auch das nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. By the way: Wenn jemand, jemanden kennt, der sein Haus verkaufen will – gerne melden (lacht).“

Inwiefern hat Corona Deine Entscheidung beeinflusst?

„Das waren ganz praktische Gründe. Im Moment wüsste ich gar nicht, wie wir das machen sollten, wenn ich jeden Tag ins Training müsste. Die Kitas haben zu, die Großeltern können nicht einfach mal kommen. Nach meinem Jahr Pause müsste ich viel aufholen und viel Zeit investieren, um meinen Ansprüchen zu genügen. Das wäre im Moment nur schwer möglich und die anderen Shredder sind ja auch keine Trottel.“

„Nach meinem Jahr Pause – das ist ein bisschen ein Rücktritt auf Raten. Der Cut ist nicht so hart und tut vielleicht weniger weh.“

Wie eben angesprochen, hast Du vergangene Saison pausiert und konntest in das Leben nach dem Sport hineinschnuppern. Hast Du eine Aufgabe gefunden, die Dich so ausfüllt wie Snowboarden?

„Glücklicherweise kann ich bei der Bundeswehr als stellvertretender Leiter der Sportfördergruppe in München dem Leistungssport weiterhin verbunden bleiben. Durch den Kontakt mit den Sportlern habe ich das Gefühl, weiter dazu zu gehören. Ich betreue zum Beispiel Kiko (Leon Beckhaus) – der vom Teamkollegen zu meinem Bundeswehr-Schützling geworden ist.“

Zwölf Jahre Weltcupzirkus: Welche Bilder hast Du im Kopf, wenn Du an die Zeit zurückdenkst?

„Schon irgendwie die von meinem ersten Weltcupsieg. Der kam zwar nicht ganz aus dem Nichts, aber so richtig hat man mit mir an dem Tag nicht gerechnet. Danach hat man ganz andere Ansprüche, wenn man am Start steht. Für mich war das auch eine Art Initialzündung, wo ich gesagt habe, das mache ich noch ein paar Jahre länger. Die Siege danach mit Paul (Berg) waren aber auch richtig cool, weil man die Freude teilen kann. Und auch mit allen als Team feiern kann.“

Welchen Stellenwert haben Deine beiden Bronzemedaillen bei den X-Games?

„Die X-Games fand ich immer schon ultimativ gut – den Amis bei ihrer großen Show zeigen, was man als Europäer so drauf hat… Ich hatte dort einfach immer ein gutes Gefühl. Die Stimmung war rundum gut, das hat mir immer getaugt. In solchen Situationen habe ich immer am besten funktioniert. Die X-Games sind DER Contest für jeden Snowboarder und haben perfekt zu meinem Mindset gepasst.“

Du hast Dich auch lange bei den Freestylern wohl gefühlt und bist bei der Junioren-WM neben dem Snowboarcross auch im Big Air an den Start gegangen…

„…ich war halt immer erst Snowboarder und dann Leistungssportler. Ich habe einfach das gemacht, was mir Spaß macht. Das macht Snowboarden aus. Am Ende war die Spezialisierung im Rahmen des Leistungssports natürlich auch völlig richtig, aber die Motivation war immer die gleiche.“

Ein Anliegen war es Dir, Dich für andere Athleten einzusetzen: Du warst in Deiner aktiven Zeit Athlet*innensprecher sowohl bei Snowboard Germany als auch bei der FIS. Siehst Du Deine Zukunft als Sportfunktionär?

„Erstmal bin ich bei der Sportfördergruppe sehr gut aufgehoben. Meine neue Aufgabe macht mir sehr viel Spaß und ich kann dem Sport etwas zurückgeben, während ich trotzdem Zeit für meine Familie habe. Ich kann mein Management Studium und meine Erfahrungen als Leistungssportler einbringen und mich weiter für die Belange der Athleten einsetzen. Das will ich auch in Zukunft machen und deshalb freut es mich umso mehr, dass ich mich als neu berufenes Mitglied des Präsidiums auch bei Snowboard Germany weiter einbringen kann.“

Hand aufs Herz: Wie schwer ist es, nach der aktiven Karriere in Form zu bleiben? Und hat’s geklappt?

„Einmal Sportler, immer Sportler. Das geht nicht einfach weg, nur weil man seine Karriere beendet. Ich bin bei der Bundeswehr unter anderem für militärische Fünfkämpfer zuständig. Die Jungs sind richtig fit. Bei denen trainiere ich manchmal mit und werde mit einem anständigen Muskelkater wie aus alten Zeiten belohnt. Außerdem muss ich auch immer einen mega schweren Fahrradanhänger mit meinen Kleinen durch die Gegend ziehen. Ohne E-Bike bleibt man da automatisch fit.“

Und wie oft warst Du diesen Winter auf der Piste unterwegs? Oder hast Du Deinen Teamkollegen lieber vor dem Fernseher die Daumen gedrückt?

„War der Winter schon? Hier hatten wir doch durchgehend 15 Grad. Mal im Ernst: Das war dieses Jahr wirklich Nichts. Das tut mir vor allem für die Jungs leid, die sich das ganze Jahr auf eine Weltcupsaison vorbereiten, alles geben und dann gefühlt drei Rennen plus ein unsportliches Corona-Finale haben.“

In den vergangenen Jahren hast Du Dir das Zimmer mit Paul Berg geteilt. Er ist nun der Routinier im SBX-Team. Auch in Deiner Funktion als Athlet*innensprecher bei Snowboard Germany ist er Dein Nachfolger. Wie kommt‘s?

„Den habe ich gut hergezogen, oder? (lacht). Der Paul hat natürlich über die Jahre viel bei mir mitbekommen. Es war bestimmt nicht immer einfach mit mir, wenn ich am Abend im Hotelzimmer noch eine Präsidiumssitzung am Telefon hatte. Aber ich habe ihn bei einigen Entscheidungen nach seiner Meinung gefragt. Ich finde es großartig, dass er sich so engagiert und dass ich ihm anscheinend etwas mitgeben konnte.“

Ein Vorteil des Karriereendes: Du musst Dir kein Zimmer mehr mit Teamkollegen teilen, richtig?

„Damit bin ich eigentlich immer gut zurechtgekommen. Da war eher ich das Problem für andere, wenn ich im Schlaf meine Stories erzählt habe. Der David (Speiser) könnte da Geschichten erzählen. Er musste da hin und wieder für Ruhe sorgen, mehr oder weniger sanft.“

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