Neuer Trick, neuer Coach, komplettes Team: Noah Vicktor und Leon Gütl starten voller Vorfreude in die neue Saison

Noah und Leon auch privat im Sommer in Neuseeland beim snowboarden

Fünf Umdrehungen um die Körperlängsachse: Absolute Weltklasse im Freestyle-Snowboarden. Der erste deutsche Slopestyle/Big Air-Athlet, der einen 1800 gelandet hat, ist Noah Vicktor. Gemeinsam mit Leon Gütl hat sich der SNBGER-Rider die vergangenen Wochen am Stubaier Gletscher (AUT) auf die neue Saison vorbereitet. Im Interview erzählen die beiden Freunde, warum auch Gütl einen Anteil am gestandenen Trick hat, inwiefern sie voneinander profitieren und warum ihr neuer Coach wichtig für neue Impulse ist.

#FewDaystoGo: Abgesehen vom Weltcup in Chur (CH), der immer etwas abgesetzt von den weiteren Contests stattfindet, beginnt in wenigen Tagen auf dem Olympiakicker von Peking die Weltcupsaison. Inwiefern stimmt das Gefühl bzw. habt ihr Lust, dass es endlich losgeht?

Noah Vicktor: Auf jeden Fall. Auch wenn die Vorbereitung im Herbst wegen des Wetters echt unglücklich war. Aber wir haben alles rausgeholt, was ging und hatten alle in den letzten zwei Wochen am Stubaier Gletscher einen Tag, an dem wir gut gesendet haben. Das Gefühl auf dem Board ist auf jeden Fall noch besser als letztes Jahr. Für mich ist es superwichtig, dass Leon wieder dabei ist.

Leon, Du bist vergangene Saison verletzungsbedingt (Schienbein/Schulter) keinen Contest gefahren. Wie geht es Dir jetzt und kannst Du wieder schmerzfrei Snowboarden?

Leon Gütl: Die Verunsicherung nach der langen Pause war auf jeden Fall groß. Ich habe mich nicht gleich getraut, ans Limit zu gehen. Es war keine Option wieder auf die Schulter zu fallen. Das hatte ich die ganze Zeit im Kopf. Aber dann passierte ein unerwarteter Slam – und es blieb alles heil.

Man muss erneut Stürzen, um sich Sicherheit zurückzuholen?

Leon G.: Ja, in gewisser Weise schon. Ich habe gespürt, dass alles wieder hält und ich meinem Körper vertrauen kann. Die Schulter macht alles easy mit. Mit jeder Verletzung lernt man seinen Körper besser kennen. Jetzt fühle ich mich komplett ready.

Apropos komplett ready: Noah, Dir ist während der Primepark Sessions am Stubaier Gletscher eine Premiere gelungen. Als erster deutscher Snowboarder konntest Du einen 1800, also einen Trick mit fünf Umdrehungen, landen. Ein Ziel, dass Du schon länger verfolgt hast?

Noah V.: Den Backside 1800 visiere ich schon länger an. Auch letzten Winter hätte ich den schon fast gelandet, aber da hatte ich die Hand im Schnee.

Wie war der Moment bei der Landung?

Noah V.: Absolut überragend. Es gibt kein besseres Gefühl, als einen neuen Trick zu landen. Das ist besser als jeder Contest-Erfolg.

Leon war der erste Gratulant. Wusste er, was du vor hast?

Noah V.: Ja. Schon einen Tag vorher habe ich zu Leon gesagt: ‚Morgen lande ich den‘. Als ich dann am Inrun stand wollte er schon mal vorfahren, um den Versuch von unten zu filmen…und dann hat‘s tatsächlich funktioniert. Umso cooler, dass Leon dann auch gleich da gewesen ist. Er weiß, wie lange ich darauf hingearbeitet habe.

Ihr kommt beide aus dem Talkessel Berchtesgaden, kennt Euch seit der Kindheit – und snowboardet Euer ganzes Leben gemeinsam. Inwiefern pusht ihr Euch gegenseitig?

Noah V.: Leon ist für mich der wichtigste Ansprechpartner, was Snowboarden betrifft. Niemand kennt mich und meine Stärken so gut. Wenn wir bei einem Slopestyle-Contest sind, brainstormen wir immer gemeinsam, wie man die verschiedenen Obstacles anfahren kann, welche Tricks man machen kann…daher war die vergangene Saison, in der Leon verletzt gefehlt hat, schwer für mich.

Leon G.: Auf jeden Fall. Wir ergänzen uns da ganz gut (lacht). Wir sind auch abseits vom Snowboarden Homies und verbringen viel Zeit zusammen. Auch beim 1800 haben wir vorher viel darüber gesprochen. Ich wusste, Noah hat den drauf. Das habe ich ihm auch gesagt. Und ich hatte recht…

Platz 12 und 13 beim Big Air-Saisonstart in Chur Ende Oktober: Der erste Contest ist gelungen. In einer Woche geht es in Peking weiter, die Contest-Saison beginnt so richtig. Was habt ihr Euch vorgenommen?

Noah V.: Das Ziel in jedem Weltcup, ist das Finale. Wir fliegen nicht nach China, um eine Qualifikation zu fahren. Was am Ende dabei rauskommt – wir werden sehen.

Leon G.: Nach der vergangenen Saison lasse ich den China Weltcup und auch den danach in Edmonton (CAN) aus. Bei mir geht es am 13. Dezember in Copper Mountain (USA) weiter. Bis dahin will ich noch ein paar gute Schneetage haben und meinen Kopf beim Surfen freibekommen.

Mit der neuen Saison endet eine Ära. Euer langjähriger Coach Friedl May hat sich entschieden, in die Nachwuchsarbeit zu wechseln. Für ihn übernimmt Matevz Pristavec, der vom slowenischen Verband zu Snowboard Germany wechselt. Wie hat sich das Training seither verändert?

Leon G: Wir, die Athlet*innen, waren in der Trainersuche voll integriert. Wir kannten Matevz schon und haben uns alle für ihn ausgesprochen. Er gibt gute technische Tipps und auch menschlich verstehen wir uns gut.

Noah V.: Ja, das passt. Klar werden wir Friedl vermissen. Er hat Leon und mich „entdeckt“. Ihm verdanken wir alles, was wir in den letzten zehn Jahren erreicht haben. Aber natürlich profitiert man nach so langer Zeit auch von neuen Trainingsimpulsen.

Ich hatte in der letzten Saison schon eine coole Erfahrung mit ihm gemacht. Bei einem Übersee-Weltcup lag Friedl krank im Bett. Da hat mir Matevz, der mit den Slowenen da war, spontan geholfen.

Was muss die nächsten Monate passieren, dass ihr Ende März von einer erfolgreichen Saison 2023/24 sprecht?

Noah V.: Das an Ergebnissen festzuhalten, ist schwierig. Aber auf jeden Fall will ich meinen 1800 auch mal im Contest zeigen – wenn die Bedingungen passen und der Kicker groß genug ist. Mal schauen, was in China geht…

Leon G: Nach meiner Pause brauche ich noch mehr Contest-Routine. Es ist was anderes, sich mental auf zwei Runs einzustellen, als einen Trainingstag mit so vielen Läufen wie man will zu absolvieren. Wir beide haben unsere Stärken im Slopestyle. Die beginnen im Januar. Bis dahin sind wir mehr als ready. Physisch und mental.

 

Titelfoto: Leon Gütl (l.) und Noah Vicktor verstehen sich auch privat. Hier beim gemeinsamen Shredden in Neuseeland.

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