Paul Berg: "Wir müssen es schaffen, dass ein Deutscher auf dem Podium steht."

Martin Nörl und Paul Berg im Training im Pitztal

Cervinia abgesagt. Montafon erst vorschoben, dann abgesagt. Die Saison im Snowboardcross beginnt also in Chiesa die Valmalenco – am Freitag, 22. Januar 2021. Wie erlebt das deutsche Team die außergewöhnliche Situation? Die beiden Top-Fahrer Paul Berg und Martin Nörl erzählen im Interview wie sie trotzdem motiviert bleiben, welche Stärken sie am jeweils anderen sehen – und wie der Nörl-Move funktioniert.


Saisonstart zweimal verschoben: Ihr hattet eine ungewöhnlich lange Vorbereitung. Wie geht es Euch?

Paul Berg: Tatsächlich fällt es mir schwer, unsere Form im internationalen Vergleich einzuschätzen. Mitte Dezember hätte ich gesagt, wir sind top drauf und können auf jeden Fall vorne mitmischen. Aber das Hin und Her mit den Weltcups ist psychisch eine große Herausforderung.

Martin Nörl: Wir standen schon zweimal in den Startlöchern, haben uns schon zweimal hochgefahren und uns mental auf den Weltcupstart vorbereitet. Aber dann wurde zweimal das Rennen abgesagt. Jetzt drücken wir die Daumen für Chiesa in Valmalenco.


Wie groß ist die Vorfreude, dass es endlich losgeht?

Paul Berg: Die Vorfreude ist auf jeden Fall riesig. Ich habe langsam die die Schnauze voll vom Training. Wir trainieren seit Monaten, um Rennen zu fahren.

Martin Nörl: Klar freuen wir uns. Aber man ist auch ein bisschen vorsichtig. In der aktuellen Situation kann man sich erst sicher sein, dass das Rennen stattfindet, wenn man vor Ort ist.

Seht ihr diesen Winter als eine Art Übergangssaison? Geht euer Blick schon Richtung Olympia 2022?

Martin Nörl: Die Motivation für diese Saison ist schon da. Wir sind heiß auf die Rennen. Aber drei Weltcuprennen an zwei Orten plus WM – das kann man nicht als vollwertige Saison betrachten.

Paul Berg: Wenn wir sagen, dass wir froh sind, dass die Saison Mitte Januar beginnt, würde jeder lügen. Ich hoffe natürlich, dass es nächstes Jahr wieder besser wird…

Aber der Bau einer Sbx-Strecke ist teuer. Aktuell nehmen viele Wintersportgebiete kein oder kaum Geld ein. Deshalb bin ich skeptisch, dass nächste Saison wieder alles besser wird.


Teurer Streckenbau, wenig Einnahmen: Inwiefern habt ihr Verständnis für die Ausrichter bzw. deren Weltcup-Absagen?

Paul Berg: Natürlich haben wir Verständnis. Man muss das Ganze auch relativieren. Wir können wegen der Krise weniger Rennen fahren, aber niemand von uns leidet unter Existenzängsten. Das ist immer noch jammern auf hohem Niveau.

Aber wir vergleichen uns mit anderen Wintersportarten. Wenn man den Fernseher anmacht, hat man das Gefühl, dass alle anderen Sportarten normal bzw. mit wenigen Einbußen weiterlaufen. Das macht unsere Situation umso bitterer.

Martin Nörl: Wir Gönnen es jedem Sportler, jeder Sportlerin. Es fühlt sich komisch an, wenn alle anderen in die Saison starten und wir noch immer darauf warten.


Welche Chance habt ihr, die Situation zu verbessern?

Paul Berg: Die Frage, was wir als Athlet*innen ändern können, lasst sich schwer beantworten. Wir haben jetzt drei Möglichkeiten (zwei Weltcups plus WM), Snowboardcross in den Fokus zu rücken. Wir müssen es schaffen, dass ein Deutscher auf dem Podium steht.

Martin Nörl: Darauf setzen wir alles. Mit angezogener Handbremse wird das nichts.


Wer hat die besten Karten beim Weltcupauftakt bzw. der WM von Euch beiden? Wie schätzt ihr die Chancen des jeweils anderen ein?

Paul Berg: Das kommt ganz auf die Strecke an. Wir sind zwei sehr unterschiedliche Fahrertypen. Da wir weder die Strecke in Chiesa in Valmalenco noch die WM-Strecke in Idrä kennen, ist das schwer vorhersehbar.

Martin Nörl: Wir haben beide unsere Stärken. Ich brauche vor allem Platz zum Überholen – und gerne auch lange Gleitpassagen.

Paul Berg: …für den klassischen Nörl-Moove. Du denkst, du bist vorne und hast Martin längst abgehängt, dann fährt er plötzlich aus dem Windschatten an dir vorbei.

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