Martin Nörl war auf Kurs. Sieg im ersten Heat. So kann es weitergehen für den Gesamtweltcupführenden. Aber im Viertelfinale des olympischen Boardercross-Rennens ist plötzlich Schluss: Nörl stürzt. Auch Paul Berg und Umito Kichwehm verpassen die Medaillenränge.
Martin Nörl (DJK-SV Adlkofen) hat es oft betont. Bei den Olympischen Spielen braucht man das nötige Quäntchen Glück. Genau das hat dem 28-jährigen deutschen Topfavoriten, der die vergangenen drei Weltcuprennen gewonnen hat, heute gefehlt.
Beim olympischen Boardercross-Rennen am Donnerstagmorgen deutscher Zeit im Genting Snowpark von Zhangjiakou stürzt der direkt vor Nörl fahrende Mick Dierdorff (USA): Das Aus für den Deutschen. Auch Teamkollege Umito Kirchwehm (SC Altglashütten) liegt im Viertelfinale im Schnee. Paul Berg (SC Konstanz) bleibt in Runde eins hängen. Die deutschen Athleten belegen am Ende die Plätze 9, 14 und 18.
„Die Performance zu Beginn des Tages war gut. Der Speed hat gepasst. Dann ist es zweimal – für Martin und Umito – unglücklich gelaufen. Wir haben erwartet, dass es eng wird, dass es Stürze geben wird. Leider hat es zweimal uns erwischt. Aber wir rappeln uns auf – Samstag geht es weiter.“
Das olympische Rennen bietet Hochspannung von Beginn an. Paul Berg und Martin Nörl treffen schon in Durchgang eins aufeinander. Außerdem in ihrem Achtelfinale: Weltmeister Lucas Eguibar (ESP). Schon jetzt ist klar: Einer der drei Medaillenanwärter scheidet früh aus. Den Dreikampf gewinnt Nörl. Das Duell um Platz zwei geht um neun Hundertstelsekunden an Eguibar. Berg, der wegen einer Sprunggelenksverletzung kaum Trainingskilometer auf Schnee in den Beinen hat, scheidet aus. Nörl steigt wie erwartet ins Viertelfinale auf.
„Ich bin nicht in Höchstform, aber beim Rennenfahren spielt das keine Rolle. Diese Ausrede lasse ich nicht gelten. Eguibar war im Ziel den Wimpernschlag vor mir.“
Auf Nörl warten im Viertelfinale die nächsten Sbx-Schwergewichte: Alessandro Hämmerle (AUT), dreimaliger Gesamtweltcupsieger, Mick Dierdorff, Weltmeister von 2019, und erneut Eguibar.
Dieses Mal kommt Nörl schlechter weg. Seine Ausgangslage nicht optimal. Er reiht sich an dritter Stelle ein, wartet im Windschatten von Dierdorff auf die Chance zu überholen. Doch der US-Amerikaner nimmt eine Kurve zu eng, bleibt an der Torstange hängen und stürzt. Der Deutsche hat keine Chance auszuweichen: Er fährt auf Dierdorff auf und liegt ebenfalls im Schnee. Eguibar, vor dem Crash Vierter, profitiert und kommt als Zweiter eine Runde weiter. Nörl und Dierdorff scheiden aus. Hämmerle, der spätere Olympiasieger, fährt seine Führung ungefährdet ins Ziel.
„Der Moment, als ich im Viertelfinale im Schnee lag, ist mir ewig vorgekommen. Da habe ich kurz gehofft, dass Lucas Eguibar hinter uns schon raus ist und ich mich irgendwie vor Dierdorff ins Ziel retten kann. Aber so war es leider nicht. Ich hatte hier die Chance, als Favorit bei Olympischen Spielen teilzunehmen – die gibt es wahrscheinlich nur einmal. Deshalb ist die Enttäuschung groß.“
Im Ziel zeigt sich Nörl als fairer Verlierer. Abklatschen mit Dierdorff. Anschuldigungen in Richtung des US-Amerikaners gibt es nicht.
„Dierdorff hat das nicht mit Absicht gemacht. Außerdem bin ich nich unverschuldet ausgeschieden. Ich bin schlecht gestartet und musste dann versuchen, vorbeizukommen. Wenn ich vorne wegfahre, habe ich das Risiko nicht, dass vor mir jemand stürzt.“
Dem Jüngsten im deutschen Sbx-Team, Umito Kichwehm (SC Altglashütten), gelingt bei seiner olympischen Premiere ein starkes Rennen: Der 21-Jährige kommt in seinem ersten Heat gut von oben weg, setzt sich auf der Strecke gegen Glenn de Blois (NED) und Kalle Koblet (SUI) durch und steigt als Zweiter hinter dem italienischen Routinier Omar Visintin in die nächste Runde auf.
Auch im Viertelfinale gelingt dem jungen Deutschen ein guter Start. Im Gedränge um die vorderen Plätze fährt er jedoch auf das Brett des neben ihm fahrenden Leo le ble Jaques (FRA) auf und stürzt. Am Ende belegt Kirchwehm Rang 14.
„Ich war heute in guter Form. Der erste Heat hat richtig Spaß gemacht. Mein Ziel waren die Top 16 – das habe ich geschafft. Aber während des Fahrens habe ich gemerkt, dass heute noch mehr drin ist. Im Viertelfinale hat es mir leider mein Board unter den Füßen weggezogen und ich konnte nicht mehr reagieren.“
Den Zeitplan der olympischen Snowboard-Bewerbe sowie Informationen zu allen 15 Top Team-Rider*innen gibt es hier.
Bild: Team D/Max Galys